„Spürst du schon was oder bildest du dir es nur ein?“

Beim Morgenkreis spürte man bereits eine gewisse spirituelle Erregung, als uns Christiane erklärte, was wir später im Schrein von Sri Aurobindu in Pondicherry zu erwarten hatten.

Die Fahrt vom Dörfchen in die Stadt war erstaunlich kurz, sodass wir bald das erste Mal das Meer hinter den Altstadt-Quartieren von Pondicherry erahnen konnten.

Bereits kurz nach dem Aussteigen stieg der Puls bei einigen Mitreisenden an, denn wir wurden umringt, ja geradezu bedrängt von auffallend klein gewachsenen Frauen mit Babys, gekleidet in wunderschöne Saris, welche ihre Waren an die Frau bringen wollten; coole Typen versuchten uns Männern coole Sonnenbrillen zu verkaufen. Wir vertrösteten sie auf die Rückkehr vom Schrein, der nur ganz kurze Besuchszeiten und ein strenges Eintritts- und "Durchlauf"-Regime verlangte. 

Nach dem Besuch mit (sehr) kurzer Andacht in der Grabesstätte, organisierte unser Guide Amar dann den üblichen Chai an der Ecke. Daneben gab es ein endloses Feilschen und Geschubse um ein kleines Geschäft mit irgendwelchen Touristenartikeln, aber auch viele Anfragen von Inder*innen für ein Foto mit jemandem von uns. Dass blonde Frauen die beliebtesten "Shooting-Partnerinnen" sind, ist irgendwie klar. 

Der Schrein liegt übrigens an einem kleinen Boulevard in der "White Town", kurz vor der enormen Strandpromenade, welche über eine lange Strecke der Bengalischen See entlangführt. Und hier alles verkehrsfrei, was für eine erholsame Überraschung!

"The Promenade Hotel", copyright by "Traveldealsfinder":
"The Promenade Hotel", copyright by "Traveldealsfinder":

The Promenade

Die spontane Entscheidung, auf den Balkonen eines der im kolonialen Stil gebauten Luxushotels zu essen, überraschte insbesondere die allge-genwärtigen Türsteher und Bediens-teten, denn eigentlich ist vorgesehen, dass in diesem vornehmen Haus nur Platz erhält, wer pro Person min-destens für 3000 Rupies konsumiert, also für rund 35 Franken.

Im Nachhinein wüsste ich nicht, welche Köstlichkeiten und Menge ich da hätte bestellen und zu mir nehmen müssen, ausser natürlich in Form von Alkohol, was für viele Menschen hier aus religiösen und finanziellen Gründen auch gar nicht in Betracht fällt. Das Essen war schliesslich seinen höheren Preis wert, alle waren mit ihrer Wahl zufrieden und auch mein Fischcurry war köstlich. 

Matrimandir - das leuchtende Symbol für die Utopie "Auroville" - klicken für TV-Dokumentation
Matrimandir - das leuchtende Symbol für die Utopie "Auroville" - klicken für TV-Dokumentation

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Matrimandir – das Raumschiff hebt (noch) nicht ab

An diesem Morgen besuchten wir das Zentrum der Modellstadt Auroville, das weitläufige Gelände rund um die goldene Kugel des Matrimandir. Bereits das Besucherzentrum beeindruckt durch seine umfangreiche Informationstafeln, wo mensch viele Aspekte dieser futuristisch-utopistischen Stätte erklärt bekommt. Und ja, ich könnte wohl viele Programm- und Zielpunkte mitunterschreiben, welche unter anderem auch von der angegliederten internationalen Kommune erarbeitet und gelebt werden und wurden. Wohl hat nicht nur Corona hier eine Zäsur geschaffen, sondern schon eine geraume Zeit davor auch das Ausbleiben von zahlreichen und motivierten Nachfolger*innen der enthusiastischen, immer noch sehr aktiven und unglaublich zähen Gründergeneration.

Im Innersten, die Marmorsäulenhalle mit der riesigen Glaskugel
Im Innersten, die Marmorsäulenhalle mit der riesigen Glaskugel

Als wir dann ruhig und letztlich schweigend herangeführt wurden an diesen wundersamen Bau, eine phantastisch-futuristische Stahlbeton-kugel, eingehüllt in goldene Scheiben, ein monumentales Raumschiff, welches in seiner gepflegten, peinlich sauberen Erscheinung einzig der Andacht dient.

Ich fühlte mich wie ein seltsam unbedeutender Astronaut beim Ersteigen der spiraligen Treppe hin zum Allerheiligsten. Der Eintritt in das Innerste de komplett weissen Sphäre ist so beeindruckend, wie der in eine der grossen christlichen Kathedralen. 

Auroville könnte wahrlich der prächtige Vorhof zu einem irdischen Paradies sein; der Grundstein ist gelegt, vieles schien mir beseelt von guter Absicht und durchdachter Planung.

Vielleicht ist es etwas aus der Zeit gefallen und für frische Impulse müssten neben den (ausländischen) Kommunard*innen vermehrt auch Einheimische, zum Beispiel die umliegenden Gemeinwesen, in die Entwicklung einbezogen werden. Platz und Manpower für die Weiterentwicklung scheint es rundum jedenfalls noch genug zu geben.

Bild anklicken für die Abzweigung zum Natarajar Tempel in Chidambaram...