Blick von der Meditationshöhle Ramanas auf die Tempelanlage von Tiruvanamalai
Blick von der Meditationshöhle Ramanas auf die Tempelanlage von Tiruvanamalai

Tiruvanamalai

Nach einigen Stunden Fahrt erreichten wir am Abend dieses Tages Tiruvanamalai. Es handelt sich um einen offensichtlich bedeutenden hinduistischen Pilgerort. Der Ort liegt am Fuss des Berges Arunachala, der eine Verkörperung des Gottes Shiva sein soll, analog zu dem im Norden des Subkontinents liegenden Berg Kailash. 

Obwohl deutlich weniger als in Auroville, gab es hier auch “Westerner”, vermutlich der zahlreichen Ashrams wegen und insbesondere demjenigen von Ramana Maharshi.

Über das Hotel Athenas lässt sich sagen, dass der Aufenthalt grundsätzlich angenehm war, die Lage ruhig, mit Blick auf den Berg und das idyllische, landwirtschaftlich geprägte Umland. Der wichtigste Punkt aber, auch und nicht nur für die Teilnehmerin mit Kind, war das Vorhandensein eines kühlen Pools.

Schrein und Ashram von Sri Ramana Maharshi

Am Folgetag besuchten wir ein erstes Mal den Schrein im Ashram von Sri Ramana Maharshi, dem heiligen Mann mit dem gütigen Blick und der Biografie eines Asketenmönchs. Er soll einer der wenigen Heiligen sein, der während seiner Lebenszeit die "Advaita Vedanta" erreicht haben soll, nämlich die Überwindung der Dualität, die Erkenntnis der umfassenden Wahrheit über Leben, Tod und Gott selbst und letztlich das Verschmelzen mit dem Allmächtigen. 

Wenn die Begriffe Gott, gut und gütig wörtlich und bedeutungsbezogen nah verwandte Begriffe darstellen, dann meine ich wirklich, in den Abbildungen Maharshis - und dort insbesondere in seinen Augen - einen Blick auf etwas Grösseres, Unbeschreibliches werfen zu dürfen, etwas pathetisch nenne ich es "bedingungslose und universelle Liebe", die ich diesem Menschen tatsächlich zuschreibe.

Schon mal mit 100'000 Menschen gewandert? Pilger umrunden an Vollmond den Arunachala.
Schon mal mit 100'000 Menschen gewandert? Pilger umrunden an Vollmond den Arunachala.

So 5.2. Umrundung des Arunachala – Absprung aus dem Hamsterrad der Wiedergeburt?

So, und dann ging ́s wirklich los, mit der Betonung auf ging, also gehen, Variante fusspilgern: Ich Exot mit den grobprofiligen Schuhen und einfältiger Kleidung; halt so wie zuhause in den Schweizer Bergen.

Ringsum diese fröhlichen, zumindest anfänglich noch gut gelaunten Menschen, häufig bunt und teilweise gar elegant gekleidet.

Die propagierte minimale Zeit für die Umrundung von zwei Stunden fand ich zum Vornherein weder realistisch noch erstrebenswert; dabei sein, es tun bei "fair means" und vielleicht noch was erleben und fühlen, das fand ich passend.

Um allerdings bereits an diesem Tag den Absprung aus dem ewigen Umlauf des karmischen Rads der Wiedergeburten zu schaffen, hätte ich zumindest barfuss gehen müssen, was ich meinen Füssen - und die Erfahrung eines Mitreisenden sollte mir recht geben - nicht zutraute. 

Vorerst lief alles glatt, die Piste frei für Fussgänger, unterstützt vom über Lautsprecher endlos rezitierten "Om namah Shivaja" und den Angeboten unzähliger Getränke- und Essensstände. Ja, es gab Wahrsager, ganze Budenstätte, Schlafsäle, viele Toiletten, mehr noch wie an einem unserer Laufsportevents.

Das Ganze findet über weite Strecken bei normalem Verkehr statt, was dann an den (grossen!), absolut ungeregelten Kreuzungen zu für uns unvorstellbaren Szenen führt: 10 Reisebusse treffen auf 50 Autos, 100 Motorräder und 500 Pilgernde. Wie so oft: "Folge dem Strom, folge den Einheimischen, ignoriere das Gehupe und Gedränge, move your mind and your ass will follow!".

Nur einmal, kurz vor Schluss musste ich Google konsultieren und erreichte dannes war schon längst die tropische Nacht hereingebrochen - den Ausgangspunkt. Und natürlich fand ich mich in einer Art Trance wieder, durchaus nicht unüblich für den fleissigen Geher, ob verursacht durch Endorphin oder Spirit ... spielt es eine Rolle?

Besuch des Ashrams und Aufstieg zur Meditationshöhle von Ramana

Ich fühle mich nicht zu einer bestimmten Religion, einer Lehre oder einem Guru hingezogen, trotzdem faszinieren mich die häufig unterschwelligen, manchmal aber auch in Form von ausdrucksstarker Freude (bis hin zu Tränen) auftauchenden Gefühle im Zusammenhang mit so genannt spirituellen Erlebnissen.

Im Fall von Ramana Maharshi empfand ich dies sehr stark auf dem Weg und in unmittelbarer Nähe seiner Medita-tionshöhle. Dazu ein Zitat, welches einen solchen Zustand beschreibt. Es bezieht sich auf das, was Ramana in seinem 16. Lebensjahr passiert sein soll:

„Das Selbst war (plötzlich da als) etwas sehr Reales, […], und die gesamte bewusste Aktivität meines Körpers konzentrierte sich auf dieses Selbst. Seither ist die faszinierende Kraft dieses Selbst im Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit geblieben […]. Das Aufgesaugt-Sein in das Selbst dauert seitdem ohne Unterbrechung an. Andere Gedanken erscheinen und verschwinden wieder, ähnlich wie die Noten eines Musikstücks, aber das Selbst ist wie ein Grundton unter den anderen Noten stets vorhanden und mischt sich mit diesen. Auch wenn mein Körper vom Reden, Lesen oder was auch immer eingenommen ist, ist mein ganzes Sein nicht minder auf das Selbst konzentriert." Aus Wikipedia, mit weiteren, interessanten Aussagen zum Leben und den Lehren von Ramana.

Schulmädchen auf dem Weg nach Hause - klicke ins Bild und gelange zur Stiftung Regenboog
Schulmädchen auf dem Weg nach Hause - klicke ins Bild und gelange zur Stiftung Regenboog